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Mirko Messner kommentiert das Wahlergebnis

Über die Kluft zwischen Wertschätzung und Wahlverhalten ...
… und wie sie geschlossen werden könnte.

Ein erster Kommentar zum Wahlresultat für KPÖ PLUS
von KPÖ+ Bundessprecher Mirko Messner. (16.10.2017)

Was vorauszusehen war, ist auch eingetreten: Der Rechtsstrend hat sich bei den Nationalratswahlen fortgesetzt. Eine Regierungsbete­iligung der FPÖ ist in den Bereich des Wahrscheinlichen gerückt; ob mit ÖVP (die wohl wahrscheinlichste Option) oder SPÖ (was im Prinzip auch möglich ist), wird sich noch weisen. Auf jeden Fall eine schlechte Perspektive für den bereits angegriffenen Sozialstaat, für die sozial an den Rand und in Prekarität Gedrängten. Und keine gute Perspektive für die politische Kultur im Land, nachdem der Wahlsieger – die ÖVP des Kurz – hart daran gearbeitet hat, das rassistische Geschrei der FPÖ gesellschaftsfähig zu orchestrieren, sprich, zu hundert Prozent zu übernehmen. Das alles liegt auf der Hand, muss noch genauer angesehen werden, ebenso die Mitwirkung der SPÖ am fortgesetzten Rechtstrend.



Das Wahlresultat für KPÖ PLUS war unbefriedigend; weniger als ein Prozent, das schmerzt auch finanziell, weil es mit dem Verlust der Wahlkampfkosten-Rückerstattung verbunden ist. Im Folgenden meine persönliche Interpretation dieses Ergebnisses, und warum ich trotzdem guter Dinge bin:

Ich habe persönlich noch keinen besseren Wahlkampf der KPÖ erlebt. Das war möglich geworden durch das Zusammenwirken mehrerer unterschiedlicher politischer Kulturen, sprich durch das Engagement hunderter AktivistInnen aus dem Bereich der KPÖ, der Jungen Grünen und parteiloser Unabhängiger. Noch nie habe ich eine so dichte mediale Präsenz erlebt. Und ich habe dasselbe erlebt wie alle AktivistInnen der KPÖ. Noch nie, seit ich persönlich Wahlkämpfe mitgetragen habe, war die Resonanz auf der Straße, an den Infotischen, beim Flugblattverteilen, in den sozialen Medien so positiv wie diesmal, noch nie wurde uns von so vielen Menschen offene Wertschätzung entgegengebracht. Das ist die eine Erfahrung.

Die andere Erfahrung, die des Wahlabends nach dem Wahlkampf, ist: Trotzdem haben wir Stimmen verloren. Anders gesagt, die Kluft zwischen der Zustimmung im Wahlkampf und der Nicht-Zustimmung in der Wahlkabine ist größer geworden. Die naheliegende Erklärung ist, dass es vor allem der SPÖ gelungen ist, trotz ihrer Anbiederung an rechte Stimmungen die Stimmen von über den Rechtstrend besorgten Menschen und bisher grün Wählenden in großer Zahl an sich zu binden; unter diesen Stimmen waren zweifellos auch viele bisherige WählerInnen der KPÖ. Doch das ist meiner Meinung nach nur die eine Hälfte der Erklärung.

Die andere Hälfte der Erklärung müssen wir bei uns selber suchen. Unsere Argumente gegen die Kürzung der Sozialleistungen, für deren Ausweitung, für leistbares Wohnen, für Arbeitszeitver­kürzung, auch unsere prinzipielle, weitergehende Systemkritik gipfelten immer wieder in der Ankündigung, dass wir nach den Wahlen eine breitere soziale Kraft in Österreich formen wollen, vor Ort. Wie gesagt, eine Ankündigung. Eine Absichtserklärung.

Aus dieser Ankündigung eine breite Erfahrung vieler Menschen zu machen, vor dieser Aufgabe stehen wir jetzt. Es wird nicht reichen, Widerstandspro­paganda gegen den Rechtstrend zu betreiben. Was wir brauchen, sind möglichst breite gesellschaftliche Bündnisse vor Ort, in den Bezirken und Städten, um konkrete Interessen zu organisieren und in Bewegung für soziale, kulturelle, gesundheitspo­litische und andere Alternativen zu bringen, diese zu erkämpfen. Anders gesagt: erlebbar zu machen, dass wir nicht hilflos der neoliberalen Hegemonie ausgeliefert sind, dass Veränderung im Sinne einer solidarischen Gesellschaft möglich ist.

Das, nämlich emanzipierende Solidarität, erlebbar zu machen, ist meiner Meinung nach auch die Methode, die Kluft zwischen wohlwollender Zustimmung zu unseren Argumenten einerseits und unbefriedigenden Wahlresultaten andererseits zu schließen. Das lähmende »Ihr habt zwar recht, aber kannst eh nix machen«, die passive Zustimmung zum Status quo wird nicht anders zu brechen sein als durch praktisches Erleben der Betroffenen, dass kleine Erfolge erkämpft werden können, die wiederum Lust auf größere, systemische Veränderungen wecken, ihre Notwendigkeit ins Blickfeld rücken. Auf kommunaler, nationaler und europäischer Ebene.

Ich bin optimistisch. Das wichtigste Ergebnis des Wahlkampfs ist: Wir haben mit KPÖ PLUS eine neue, hohe Qualität des Zusammenwirkens unterschiedlicher Zugänge erreicht, haben einen Rahmen geschaffen, in dem wir voneinander lernen und besser wirken können. KPÖ PLUS ist meiner Meinung nach selbst das positivste Ergebnis des Wahlkampfs, das wir nicht verspielen dürfen, sondern in den bevorstehenden gesellschaftlichen Auseinanderset­zungen und bereits 2018 anfallenden Wahlgängen in mehreren Bundesländern praktisch anwenden und entwickeln müssen.

Als Spitzenkandidat der KPÖ PLUS Bundesliste danke ich allen Kandidatinnen und Kandidaten, allen Aktivistinnen und Aktivisten von Dornbirn bis Eisenstadt, von Klagenfurt bis Fischamend, für ihr immenses Engagement. Keine einzige Stunde war vertan, die sie aufgewendet haben für die Aufbringung der Unterstützungser­klärungen, für die Betreuung der Infostände, fürs Plakatieren, fürs Flugblattverteilen, für die Bespielung der sozialen Medien und für alles andere, was Wahlkämpfe so erfordern. Und ich danke allen Wählerinnen und Wählern, jenen, die uns schon öfter gewählt haben, und jenen, die es diesmal zum ersten Mal getan haben. Keine einzige Stimme für KPÖ PLUS war verloren, denn jede einzelne bereitet uns Freude, gibt uns Mut und bestärkt uns in der Absicht, am Aufbau einer breiteren, konsequent sozialen und antirassistischen Alternative weiterzuarbeiten. Und ich bin überzeugt, dass viele von ihnen dabei mithelfen werden.

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