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Vorschlag der griechischen Regierung vom 22. Juni 2015 (Zusammenfassung)

aus der Liste der Griechenland-Solidaritätsinitiativen

Die griechische Regierung ist fest davon überzeugt, dass ihre Vorschläge der fünf Monate währenden Ausweglosigkeit der Verhandlungen ein Ende setzen werden, erklärte Staatsminister Nikos Pappas im Fernsehsender Euronews. „Ich bin der Auffassung, dass jeder, der das von uns vorgelegte Schriftstück liest, verstehen wird, dass wir getan haben, was getan werden musste. Wer öffentlich darauf beharrt, dass wir nicht das uns Entsprechende getan haben, der sagt nicht die Wahrheit“, betonte Herr Pappas. Regierungsquellen hatten zuvor die wesentlichen Punkte des den Gläubigern vorgelegten Vorschlages der Öffentlichkeit übergeben und betont, dass er kein Bestandteil des Regierungsprogrammes sei, sondern vielmehr das Ergebnis harter und mühsamer Verhandlungen unter der Zielsetzung, die Arbeitnehmerrechte nicht zu verletzen, das soziale Netz nicht aufzulösen, eine Zukunftsperspektive zu bieten, das Land dennoch nicht zu einer harten Kürzungspolitik zu verdammen, sowie eine nachhaltige Lösung für die griechische Wirtschaft ohne Belastung der niedrigen und mittleren Einkommen vorzusehen.

Wie die gleichen Regierungsquellen betonen, strebt die Regierung eine Lösung der Schuldenfrage und der mittelfristigen Finanzierung an, so dass dem Teufelskreis der Ungewissheit ein Ende bereitet wird und das Land nicht fortwährend gezwungen ist, immer neue Kredite aufzunehmen um die vorhergehenden abzuzahlen.
Dahingehend hat die Regierung den Aufkauf von Trichet-Obligationen (SMP Bonds) in Höhe von 27 Milliarden Euro vom ESM vorgeschlagen, die so nach 2022 auslaufen, geringer verzinst werden und Griechenland die Chance einräumen, am Programm der quantitativen Lockerung der EZB teilzunehmen.
Die übrigen Punkte sind wie folgt:
Der Vereinbarungsentwurf beinhaltet die Finanzierung der wirtschaftlichen Entwicklung, besonders der Infrastruktur und der neuen Technologien mittels eines Investitionsprogramms der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank.
Der griechische Vorschlag sieht niedrige primäre Haushaltsüberschüsse von 1% und 2% in den Jahren 2015 und 2016 respektive vor, gegenüber 3% und 4,5%, welche die Regierung Samaras-Venizelos unterschrieben hatte. Allein 2016 wird so die Wirtschaft von der Durchführung von Maßnahmen mit einem Volumen von 8,2 Milliarden Euro entlastet! Auf fünf Jahre gesehen erreicht der damit sichergestellte gesamte Haushalt einen Handlungsspielraum von 15,4 Milliarden Euro, also mehr als 8,5% des heutigen BIP.
Die Regierung modifiziert die Stufen der Solidaritätsabgabe mit dem Ziel, dass nicht die Geringverdiener und die Bezieher niedriger Renten zur Kasse gebeten werden. Anzumerken ist, dass die Regierung Samaras-Venizelos die Herabsetzung der Solidaritätsabgabe um 30% nur für den Fall angekündigt hatte, dass der primäre Haushaltsüberschuss 2014 die 1,5% erreicht hätte. Gemäß ELSTAT betrug der primäre Haushaltsüberschuss jedoch gerade einmal 0,4 %, eine Tatsache, die nicht zu einer Senkung der Solidaritätszulage geführt hätte. Der Vorschlag der Regierung ist:
• 12.000 – 20.000 Euro 0,7% [von 1%]
• 20.001 – 30.000 Euro 1,4% [von 2%]
• 30.001 – 50.000 Euro 2,0% [von 2%]
• 50.001 – 100.000 Euro 4,0% [von 3%]
• 100.001 – 500.000 Euro 6,0% [von 4%]
• Über 500.000 Euro 8,0% [neue Skala]
Bei der MwSt- bleiben die drei Sätze 23%, 13% und 6% [von 6,5%] bestehen. Auf Energie, Wasser, Gastronomie entfällt weiterhin der mittlere Satz, während die MwSt auf Medikamente und Bücher um immerhin 0,5% verringert wird. Die Institutionen forderten zwei Sätze [11% und 23%], wobei Medizin bei 11% und Energie, Wasser und Gastronomie bei 23% eingeordnet worden wäre.
Die Institutionen forderten:
• Die Abschaffung von besonderen Einkommenssteuerregelungen
• Die Abschaffung der Zuschüsse für Heizöl
• Die Abschaffung der Sonderverbrauchssteuer auf Dieselkraftstoff für Bauern
• Die Durchführung einer Erhebung über die Sozialpolitik mit dem Ziel der Kürzung von Ausgaben um 0,5% des BIP, also um 900 Millionen Euro.
Die Regierung wird die oben genannten Maßnahmen nicht vorantreiben. Im Gegenteil, die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen verlagern die Last auf die höheren Schichten, die Regierung erschließt neue Einkommensquellen und senkt die Ausgaben. Dies jedoch nicht an der Substanz des Sozialstaates, so wie es die vorigen Regierungen praktizierten, sondern dort, wo es Handlungsspielraum gibt. Im Einzelnen:
• Ab 2016, und nicht ab 2015, erhöht sich der Steuersatz für Aktiengesellschaften und GmbHs (nicht der freien Berufe und der Selbständigen) von 26% auf 29%.
• Eine Sonderabgabe wird den Unternehmen mit Gewinnen über 500.000 Euro auferlegt.
• Die Luxussteuer wird erhöht (PKW mit über 2,5 l Hubraum und mehr, Swimming Pools, Flugzeuge, Jachten über 10 M.).
• Einführung der Steuer auf TV-Werbung, Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen für TV-Lizenzen und Mobiltelefonie.
• Steuer auf elektronische Spiele (VLTs).
• Senkung der Rüstungsausgaben um 200 Millionen Euro.

Steuersystem
Die Forderung der Institutionen:
• Senkung der Summe von 1500 Euro und Abschaffung des Limits von 25% bei Pfändungen von Bankkonten wegen Steuerschulden.
• Die Erhöhung des im Schuldenregelungsprogramm angesetzten Zinssatzes.
Die Regierung konnte programmgemäß mit Erfolg Folgendes in die Vereinbarung integrieren:
• Bekämpfung des Schwarzhandels mit Treibstoffen, u.a. auch durch die Lokalisierung nicht deklarierter Tanks.
• Intensivierung der Kontrollen von Banktransaktionen (z.B. Lagarde-Liste) und Einführung von Maßnahmen für die freiwillige Aufdeckung von Vermögensverhältnissen.
• Stärkung der Verwaltungen bei der Lösung von Streitigkeiten zur Beschleunigung ausstehender Verfahren.
• Förderung von elektronischen Zahlungen.
• Steuerbefreiungen für ständige Inselbewohner mit niedrigen Einkommen.
Die Frühverrentungen werden von 2016 an bis 2025 schrittweise eingeschränkt (und nicht ab dem 30.06.2015), unter Beibehaltung der Ausnahmen für besondere Gruppen (Härtefälle, Gesundheitsgefährdungen, Mütter mit körperlichen Behinderungen, jedoch ohne dass begründete Rechte davon verletzt werden.
Die EKAS (Solidaritätszulage für Rentner) wird nicht abgeschafft, aber ab 2020 durch ein neues Verfahren zum Schutz der Bezieher von niedrigen Renten abgelöst.
Die Null-Defizit-Klausel, die die Renten um 500 Millionen Euro senken würde, wird nicht weiter angewendet.
Die Rente Unversicherter des ??? (Organisation der Versicherungen der Landwirtschaft) wird angehoben.
Es bleiben die Steuern zugunsten Dritter, welche das Versicherungssystem finanzieren.
Die Altersgrenzen für das Renteneintrittsalter wird nicht auf 67 Jahre erhöht, so wie es für alle gefordert wurde, die ab dem 30. Juni 2015 in Rente gehen.

Den Arbeitsmarkt betreffend hat die Regierung:
• die Beibehaltung des derzeit geltenden Rahmens der Flächentarifverhandlungen bis Ende 2015 nicht akzeptiert. Der vorher geltende Rahmen wird wieder eingeführt.
• den Massenentlassungen und dem Gewerkschaftsgesetz gemäß der „best practice“ der EU-Länder nicht zugestimmt.
• nicht akzeptiert, „dass die in der vorausgegangenen Zeit vorgenommenen gesetzlichen Eingriffe ins Arbeitsrecht unangetastet bleiben“. Das bedeutet, dass sie zu einem Gesetzgebungsverfahren bereit ist, das die Flächentarifverträge wieder einführt und den Mindestlohn erhöht.
Gütermärkte: Die Regierung hat einen vollständigen Vorschlag zur Bestrafung der Monopole und Oligopole und zur Senkung der Warenpreise vorgelegt, womit die Verbesserung des Lebensstandards der Bürger verbunden ist. Dieser Vorschlag umfasst eine Reihe von Initiativen zur Minderung der Verwaltungskosten, die Förderung der Exporte und die Vereinfachung der Verfahrensweisen für Unternehmen bei der Kooperation mit internationalen Organisationen. Er umfasst ebenfalls zielgenaue Eingriffe in geschlossene Märkte. Dabei lehnt sie die Annäherung der Institutionen zur Umsetzung der „übrigen“ Punkte des vorhergehenden Programms betreffend der Liberalisierung des Milchmarkts, der Backerzeugnisse, der pharmazeutischen Produkte und der sonntäglichen Ladenöffnung ab.
Energie: Die Regierung hat den Vorschlag der Institutionen zur Privatisierung von ????? (ADMIE, Unabhängiger Energietransporteur und -versorger) ebenso wie den Betrieb der „kleinen ???” (DIE, Stromproduzent der öffentlichen Hand) abgelehnt.
Öffentlicher Dienst: Es gibt keine Kürzung bei Gehältern im öffentlichen Dienst (auf Grundlage dessen, was am 31.12.2014 gültig war).
Korruption: Bis Ende Juli wird die Regierung einen vollständigen zielführenden Vorschlag gegen die Korruption vorlegen.
Für die Privatisierungen sieht der Vorschlag vor:
o Minimale Investitionssumme bei jeder Privatisierung
o Schutz der Arbeitnehmerrechte
o Bindung der Investoren zur Förderung der lokalen Ökonomie.
o Verpflichtende Kapitalanteile der öffentlichen Hand
o Schutz der natürlichen Umwelt und des kulturellen Erbes.
Die Übereignung (Verkauf) der Aktien des OTE (Telefongesellschaft) wird von der Liste der Vorbedingungen der Institutionen ausgenommen.

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